Allergien bei Hund und Katze

Allergische Reaktionen sind beim Hund sehr häufig, 10% aller Hunde sind betroffen. Allergien werden mittlerweile nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Hund und Katze als "Volkskrankheit" angesehen! Tendenz: zunehmend. Die allergische Reaktion ist eine Antwort des Immunsystems auf Umwelt- und Nahrungsmittelallergene, Ekto- und Endoparasiten, Medikamente bzw. Chemikalien schlechthin. Es handelt sich um eine Überempfindlichkeitsreaktion.

Klassisch werden vier Typen von Allergie unterschieden. In der Tabelle 1 sind die Typen I - IV aufgeführt. Daraus resultierende Erkrankungen sind beispielhaft aufgeführt. Aus allergischen Reaktionen erwachsen nicht nur Hauterkrankungen, beispielsweise auch Nierenerkrankungen wie eine Glomerulonephritis oder ein anaphylaktischer Schock.

 




der typische Atopiker

 

Tab. 1 Typen der Allergie

    Beispiele
Typ I Anaphylaktische Überempfindlichkeitsreaktion Anaphylaktischer Schock, Nesselfieber, Atopie (s.u.), Nahrungsmittelallergie, Flohbissallergie
Typ II Zytotoxische Überempfindlichkeitsreaktion Pemphigus
Typ III Immunkomplex Überempfindlichkeitsreaktion Lupus, Vaskulitis, Glomerulonephritis
Typ IV Zellvermittelte Überempfindlichkeitsreaktion Kontaktallergie Flohbissallergie

Arzneimittelreaktionen kommen in allen vier Typen vor

Typen I bis III sind Sofortreaktionen; Typ IV weist eine verzögerte Reaktion auf.

 




Otitis bei einem Atopiker


 




Blepharitis und Konjunktivitis beim Atopiker

 

In der Tabelle 2 sind Hauterkrankungen aufgeführt, denen eine Überempfindlichkeitsreaktion zugrunde liegt. Oftmals gibt es mehrere Bezeichnungen für eine Erkrankung.

Tab. 2 mit Hauterkrankungen von Allergikern

  Andere Namen
Atopie Anaphylaktischer Schock, Nesselfieber, Atopie (s.u.), Nahrungsmittelallergie, Flohbissallergie
Nahrungsmittelallergie Pemphigus
Ektoparasitenallergie Insektenstichhypersensitivität

Flohbissallergie



Flohallergie, Flohstichallergie, Allergische Flohdermatitis
Hormonüberempfindlichkeit Hormonallergie

Im weiteren Verlauf soll nachfolgend über Atopie und Futtermittelallergie berichtet werden

 

ATOPIE

Nach der Flohbissallergie ist die Atopie ist die zweithäufigste allergische Erkrankung. Sie hat einen genetischen Hintergrund, und es überrascht daher nicht, dass Rassedispositionen (Tabelle 3) und familiäre Häufigkeit auftreten.

Tab. 3 Typische Rassen mit allergischer Disposition

Basset, Beagle, Boxer, Bobtail, Dalmatiner, Englische Bulldogge, Deutscher Schäferhund, Golden Retriever, Irischer Setter, Jack Russel, Labrador Retriever, Lhasa Apso, Mops, Shar pei, Shi Tzu, Spaniel, Terrier, v. a. West Highland White T, Yorkshire T, Scotch T und Fox T

Das typische Alter für die ersten Anzeichen der Erkrankung - das klinische Bild - ist zwischen 6 Monaten und 3 Jahren. Im Einzelfall schon früher, z. B. bei Shar peis schon ab 3 Monaten, bei Ortswechsel (Umzug) auch in späteren Jahren.

Das Leitsymptom der Atopie ist der Juckreiz, im Fachdeutsch "Pruritus" genannt. Die übrigen Anzeichen der Erkrankung sind der Tabelle 4 aufgeführt.

 

Tab. 4 Klinik der Atopie

  • Juckreiz mit Hautrötungen im Bereich der Augenlider, Pfoten, Unterarme, Achseln und Bauch (kratzen, belecken, insbesondere bei der Katze)

  • Ohren- und Bindehautentzündung, vor allem beim Hund

  • "Überwucherung" mit Bakterien oder/und Hefen (Sekundärinfektion)

  • wässrige Nasenentzündung, asthmatische Atmungserkrankung, vor allem bei der Katze

Ein typischer Atopiker ist im Bild 1 dargestellt, sowohl im Hinblick auf die Hautveränderungen als auch bezüglich der Rasse. Die rötlichen Farbverfärbungen an den charakteristischen Hautbezirken sind das Ergebnis des Beleckens von Haut und Haaren. Bild 2 zeigt das Ohr eines Atopikers, Bild 3 die Bindehaut. Diese Anzeichen sind meistens die ersten im Krankheitsgeschehen.

Die Diagnostik stützt sich ausschließlich auf die klinischen Veränderungen. Allerdings ist es sinnvoll, sich an die Ursachenforschung zu begeben und das bzw. die Allergene zu ermitteln. In der Tat ist es erfahrungsgemäß so, dass beim Kleintier nicht selten eine Vielzahl von Allergien vorliegt. Ein Allergietest schafft Klarheit im Hinblick auf therapeutische Möglichkeiten. Im Idealfall wird das Allergen im Allergietest ermittelt und kann vermieden werden, z. B. bei Haustauballergikern, wenn sie (als Hütehunde) im Zwinger gehalten werden können. Bei Schimmelpilzallergien kann ebenso verfahren werden. In der Praxis kommt es auch öfter vor, dass Pferdeepithelien Atopien bei Hunden auslösen, die ebenfalls vermieden werden können, indem auf den gemeinsamen Ausritt oder auf einen Stallbesuch verzichtet werden. Anderenfalls bleibt nur die medikamentelle Therapie. In der Tabelle 5 sind diejenigen Allergene aufgeführt, die nach eigener Testung in ca. 3000 Fällen gefunden wurden. Es wurden ausschließlich Intrakutantests durchgeführt, das sind Tests, wie sie auch beim Menschen vorgenommen werden. Durch Quaddelung der Haut mit den enorm verdünnten Allergenen können positive Reaktionen verschiedener Stärke sichtbar gemacht werden. Es ist optimal, dass die Reaktionsweise des "biologische Systems" Hund bzw. Katze mit dem Allergen das Testergebnis herbeiführt. Im Gegensatz dazu testen Blutuntersuchungen ausschließlich den Gehalt der Immunglobuline. Man läuft also Gefahr, Zahlen mehr Glauben zu schenken, als der Reaktionsweise des Patienten. Bei Blutuntersuchungen gibt es reichlich falsch-positive Ergebnisse. Fraglos ist der Intrakutantest immer noch der Goldstandard in der Tiermedizin. Die Bilder 4 und 5 zeigen Hunde mit positiven Befunden.

 




Intradermaler Allergietest mit vielen positiven Reaktionen

 

 




Dieser Test verlief glimpflich

 

Wenn eine Vermeidung des gefundenen Allergens nicht möglich ist, sollte eine Hyosensibilisierung (heute Spezifische Immuntherapie genannt, SIT) in Erwägung gezogen werden. Hier werden in wöchentlichen, später in monatlichen Abständen Injektionen vorgenommen, die spätestens nach einem ¾ Jahr zu einer zufriedenstellenden Linderung der Beschwerden führen sollen. Die Erfolgsaussicht wird mit 70 bis 80 % angegeben. Neue Verfahrensweisen beschleunigen die Anfangsphase (Rushtherapie), indem an einem Tag eine Vielzahl von Injektionen unter tierärztlicher Aufsicht verabreicht wird.

Wenn bei nicht zufriedenstellendem Therapieverlauf eine Hyposensibilisierung nicht (weiter) verfolgt werden soll, bleibt nur die dauerhafte Verabreichung von Medikamenten. In der Tabelle 6 sind die Möglichkeiten hierzu aufgeführt.

 

Tab. 5 tabellarische Zusammenfassung von Allergietests im Raum Mönchengladbach / Schwalmtal aus 28 Jahren (1984 - 2012), gruppiert nach der Häufigkeit.

1. Milben

- Futtermilben
- Hausstaubmilben

 

2. Pollen

- Gräser
- Kräuter
- Bäume

3. Schimmelpilze 4. Epithelien

- von anderen Tieren
- vom Menschen (!)

 

Tab. 6 medikamentelle Behandlungsmöglichkeiten bei Atopikern

Kortison Erhebliches Nebenwirkungsspektrum, muss immer beachtet werden
Antihistaminika Helfen im Einzelfall. Es lohnt sich auch der Versuch, verschiedene Antihistaminika zu erproben - individuelle Wirksamkeit! Kaum Nebenwirkungen.
Ungesättigte Fettsäuren Auf der Basis von Fettsäureformulierungen, (m. e. nur) unterstützend wirksam. Aber: die Medikamententherapie kann verringert werden, z. B. des Kortisons
Ciclosporin A Relativ neues Medikament, gut verträglich, abgesehen von Magen-Darm-Unverträglichkeiten
Shampoos Sehr wirksam, denn Allergene z.B. Pollen können entfernt werden, ebenso werden Infektionserreger bekämpft

 

Tipps

Blumentöpfe enthalten immer Schimmelpilze, Teppiche, aber leider auch Bücher, sind Brutstätten für Hausstaubmilben. Abschließend muss an dieser Stelle auf eine Besonderheit der Spezies Hund hingewiesen werden, die bei anderen Tierarten und auch beim Menschen nicht in dieser Ausprägung anzutreffen sind. Die Hundehaut kann sich zum einen gegen Bakterien, zum anderen gegen Hefen nicht erfolgreich erwehren, sodass es häufig zu einer Überwucherung der krankhaften, geschädigten, atopischen Haut kommt. Insbesondere kritiklose oder großzügige Anwendung von Kortison begünstigt diesen Umstand noch! Um die Reizschwelle möglichst hoch zu halten, sollten beim Atopiker regelmäßiger Ekto- und Endoparasitenkontrollen durchgeführt und hypoallergene Diäten angeboten werden. Manche Tiere nehmen auch den "Stress" aus der unmittelbaren Umgebung auf, was wiederum die Reizschwelle erniedrigt und somit zum Auftreten von klinischen Erscheinungen disponiert. Zum Schluss ein wesentlicher Hinweis, Atopiker können nicht geheilt, aber meist gut gemanagt werden!

 

NAHRUNGSMITTELALLERGIE

Eine Nahrungsmittelallergie lässt sich häufig zufriedenstellend aus der Welt schaffen. Wenn der Verursacher gefunden ist, kann er vermieden werden, und eine Therapie ist vielleicht nur anfänglich erforderlich. In der Praxis gibt es da leider einige Tücken. Es sind mehr als 6000 (!) Nahrungsmittelallergene beschrieben und die Diagnostik gestaltet sich insofern schwierig, da nach wie vor umständlich.

Das Prinzip der Diagnostik liegt seit Gezeiten in der Eliminationsdiät. Es darf nur eine bisher noch nie verfütterte Eiweißquelle (nicht im chemischen Sinne zu verstehen) verwendet werden, z.B. Pferde-, Känguru- oder Ziegenfleisch. Dazu werden entweder Kartoffeln, Reis oder Nudeln hinzu gegeben. Die Empfehlungen sind reichlich: Lamm, Hüttenkäse, Truthahn bis hin zum Alligator. Die Diät muss strikt sein und mindestens 8, besser 12 Wochen beibehalten werden. In der Tabelle 7 sind die Zeiten aufgeführt, in denen die Beschwerden abklingen.

Anschließend können alle 10 Tage eine neue Eiweißquelle hinzugefügt werden, z.B. in der Reihenfolge: Rind, Huhn, Schwein …, bis die Krankheitssymptome wieder auftreten. Dasjenige Eiweiß, welches die Symptome wieder reaktiviert, ist als Verursacher entlarvt. Letztere Vorgehensweise wird als Provokationstest beschrieben.

Tab. 7 Erfolg der Eliminationsdiät in Wochen

1 bis 3 Wochen 26 %
4 bis 6 Wochen 33 %
6 bis 8 Wochen 49 %
bis 12 Wochen 6 %

(Rosser, J Am Vet Med Assoc, 203:259, 1993)

In der Tabelle 8 sind Nahrungsmittel (Eiweiße), die eine Nahrungsmittelallergie auslösen können, aufgeführt.

 

Tab. 8 Auswahl häufiger Nahrungsmittelallergieauslöser

Kuhmilch & Milchprodukte, Rindfleisch, Hühnerfleisch, Weizen, Mais, Lammfleisch, Soja, Hafer, Eier

In jüngster Zeit sind Bluttests für Nahrungsmittelallergien entwickelt worden, und auch hier gilt, wie bei der Atopiediagostik, die Fortschritte sind enorm. Insbesondere ist die Vorhersehbarkeit im Test für verträgliche Eiweißquellen erstaunlich gut geworden, aber immer noch ist die Eliminationsdiät der "Goldstandard" der Diagnostik.

Wissenswert erscheint mir noch folgendes: gefärbte und getrocknete "Leckerchen" jeder Art sind hochallergen und oft entgegen allen Versprechungen mit Konservierungs- und Farbstoffen "misshandelt". Manche Nahrungsmittel, die gerne nebenbei verfüttert werden, enthalten Substanzen, die Allergien provozieren, z.B. Histamin, vasoaktive Amine u.a.m. Diese sind enthalten in Schokolade, Käse(rinden), Thunfisch, Makrelen, um nur einige Beispiele zu nennen. Viele Nahrungsmittel enthalten Schimmelpilze, Hefen, Geschmacksverstärker, Farb-, Lock- und Konservierungsstoffe.

FALLE

Zu allem Überfluss gibt es nicht nur Nahrungsmittelallergien, sondern auch noch Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Letztere kommen individuell vor und lassen sich nicht über Laboruntersuchungen klären. Wenn man Nahrungsmittelallergie und -unverträglichkeit zusammenfassend darstellt, also nicht differenziert, spricht man beim Hund von CAFR (Canine Adverse Food Reaction).

 

TIPPS

Zu den Krankheitsanzeichen einer Nahrungsmittelallergie: sie sehen praktisch genau so aus, wie bei der Atopie (Tabelle 4), sind jedoch fast nie mit Problemen des Atmungsapparates vergesellschaftet. Allerdings fällt häufig schütteres, stumpfes, bisweilen öliges Haarkleid auf, sehr oft mit einer schmierigen, einseitigen Ohrenentzündung, auf. Anzeichen einer Magen-Darm-Erkrankung werden oft beobachtet, wie Schleimstuhl oder übelriechende Darmgase. Ganz selten wurden auch epileptiforme Anfälle beschrieben.

Natürlich wollen wir unsere Lieblinge verwöhnen, und wenn sie besonders viel Freude gemacht haben, sie mit Leckereien belohnen. Im Hundesport kann auf das Belohnungsprinzip gar nicht verzichtet werden. Außerdem müssen oft Medikament verabreicht werden, z.B. Antibiotika bei Sekundärinfektionen. In all diesen Fällen sollte eine ausgewählte Eiweißquelle ausgewählt werden. Vorab gekocht, gewürfelt, anschließend gekühlt bzw. tiefgefroren.

 

Hauptfehlerquellen:

  • Kaustangen- und Leckerchenexzessen (bei Nahrungsmittelallergien strikt verboten)

  • der Verhaltensweise ganz junger oder alter Zweibeiner, deren Herz zu groß ist, und die das Leiden der Vierbeiner nicht ansehen können, das darin liegt, keine Kleinen Sünden mehr konsumieren zu dürfen (und nun wird heimlich zugefüttert)

  • der Annahme von Tierbesitzern, teure Futtermittel sind grundsätzlich gesund und können von daher keine allergischen Reaktionen auslösen (stimmt nicht, z.B. bei einem Lammfleischallergiker nützt allerhöchste Qualität des Fleisches nichts, die Symptome werden auftreten)

  • der Annahme, dass Fertigfutter, die nur auf eine Eiweißquelle verweisen, auch nur eine enthalten

  • wenn Tierische Nebenerzeugnisse ebenso enthalten sind, kann sich dahinter ALLES verbergen!

  • wir haben auf unserer Webseite Rezepte für hausgemachte Leckerchen aufgeführt dr@osthold.com aktuelles aus der Praxis, Hundekeksrezepte (individuelle Überempfindlichkeiten beachten!)

Die Abbildungen zeigen Hautveränderungen, wie sie typisch sind für Nahrungsmittelallergien.

 




Katze mit den typischen Hautveränderungen vor den Ohren bei Nahrungsmittelallergie


 




typische Veränderung an der Lefze eines Yorkshire Terriers


 




stumpfes Fell im Bereich des Unterarmes

 

TAKE HOME

Vermeidung ist das A & O in der Allergologie, leider, wie beschrieben, ist das nicht immer möglich. Wenn aus diesem Grund ein "Allergiker" einer Behandlung bedarf, sollte folgendes immer berücksichtigt werden: Verschiedene Allergien summieren sich nicht, vielmehr potenzieren sie sich. Das heißt, die klinische Problematik vervielfacht sich, wenn mehrere "allergische Probleme" zusammenkommen. Das Fass läuft über! Umgekehrt aber beinhaltet die Therapie eine Riesenchance, wenn es gelingt, so viele Allergene wie möglich zu eliminieren, verringern sich Probleme drastisch! Das kann in der täglichen Praxis routinemäßig berücksichtigt werden, wenn ein "Allergiker" hypoallergen ernährt und eine dauerhafte Parasitenkontrolle "genießen".

 

© 05/2012

Dr. Wolfgang Osthold
Fachtierarzt für Kleintiere & Hautkrankheiten
Tätigkeitsschwerpunkte: Allergologie & Ohrenheilkunde

Birgen 10, 41366 Schwalmtal

E-Mail: dr@osthold.com
Internet: www.osthold.com
 

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Dr. Wolfgang Osthold