Legenot beim Ziervogel



 

Was ist eine Legenot?

Eine Legenot liegt vor, wenn die Ablage eines sich im Legedarm befindlichen Eies nicht erfolgen kann. Sie kommt bei allen Vogelarten vor, besonders häufig bei Wellensittichen, Nymphensittichen und Kanarienvögeln, betrifft aber auch gelegentlich große Papageien wie Amazonen und Graupapageien.Viele Vogelhalter sind der Meinung, dass ein einzeln gehaltener, weiblicher Vogel keine Eier legt. Abgesehen davon, dass Einzelhaltung bei Vögeln, bis auf wenige Ausnahmen beschränkt, keine artgerechte Haltung darstellt, muss dem Legevorgang keine Befruchtung vorausgegangen sein. Somit kommt es gelegentlich vor, dass ein jahre- oder jahrzehntelang in Einzelhaltung lebender Vogel plötzlich ein Ei legt oder an Legenot erkrankt. Oftmals wissen die Vogelhalter bis zum erstmaligen Legen eines Eies gar nicht, dass sie ein weibliches Tier besitzen. Daher ist eine Geschlechtsbestimmung auch beim allein gehaltenen Vogel sehr wichtig, damit eventuelle Anzeichen einer Legenot rechtzeitig erkannt und richtig gedeutet werden können. Die Legenot beim Vogel ist immer ein Notfall und kann zum Tode des Tieres führen. Sobald der Vogelbesitzer den Verdacht einer Legenot bei seinem Vogel hat, sollte unverzüglich, noch am selben Tag ein Tierarzt aufgesucht werden.

 

Wie kommt es zu einer Legenot?

Um zu verstehen, wie es zu einer Legenot kommt, muss man Kenntnisse vom physiologischen Legevorgang haben. Bei Vögeln befinden sich lediglich auf der linken Körperseite ein Eierstock und ein Eileiter. Während der Brut und Mauser ist der Eileiter ein kleiner, dünner Schlauch, welcher sich in der Legeperiode derart vergrößern kann, dass er die gesamte linke, untere Körperhöhle ausfüllt. Die Eizelle (Dotter) wandert binnen etwa 25 Stunden durch den Eileiter . In dieser Zeit wird das Ei gebildet. Im letzten Abschnitt des Legedarmes, der Gebärmutter, auch Kalkkammer oder Schalendrüse genannt, kommt es unter anderem zur Bildung der Eischale. Somit dauert es vom Ablösen der Dotterkugel bis zum Legen des Eies etwa 24 bis 25 Stunden. Die Anzahl der gelegten Eier ist abhängig von der Vogelspezies. In der Regel umfasst ein Gelege 3-5 Eier, welche in kurzen Intervallen hintereinander gelegt werden. Die Vögel fangen meistens erst dann zu brüten an, wenn das Gelege vollständig ist.

Eine Legenot entsteht fast nie durch absolut oder relativ zu große Eier, da der Vogel ein nach unten hin offenes und weiches Becken hat. Dagegen führen pathologische Veränderungen der Eischale , wie Wind-oder Brucheier, häufig zu einer Behinderung des Legevorganges. Auch Erkrankungen des Legeapparates, wie Eileiter- und Kloakenatonie behindern das Legen des Eies. Auch Verletzungen und Infektionen des Eileiters (Legedarmes) können das Entstehen einer Legenot begünstigen. 

 

Haltungs- und Fütterungsfehler

Die meisten an Legenot erkrankten Vögel, leiden an einem Mangel an Kalzium. Führt man sich die große Anzahl an Eiern vor Augen, welche von einem Vogel während einer Brutsaison gelegt werden, so wird deutlich, dass der Kalziumbedarf während dieser Zeit immens ist. Da die meisten in Gefangenschaft gehaltenen Sittiche und Papageien mit den üblichen Körnermischungen ernährt werden, welche in der Regel einen sehr geringen Gehalt an Kalzium haben, sind diese Tiere prädestiniert dafür, eine Legenot zu entwickeln. In den herkömmlichen Körnermischungen sind viele lebensnotwendige Nährstoffe in zu geringen Anteilen enthalten. Dazu kommt, dass bei einem Überangebot an Körnerfutter, die Vögel sich vor allem ihre "Lieblingssaat" herauspicken und den Rest des Futters gar nicht erst anrühren. So ist verständlich, dass es leicht zu einer Mangelernährung kommen kann. Besonders bei den langlebigen Papageienvögeln können sich Folgen einer Mangelernährung im Laufe der Jahrzehnte manifestieren. So ernähren sich manche Papageien ausschließlich von Sonnenblumenkernen. Das Problem bei einer ausschließlichen oder überwiegenden Ernährung mit Sonnenblumenkernen ist, dass diese nicht nur zu wenig Kalzium, sondern auch zu viel Phosphor enthalten. Idealerweise sollte das Verhältnis von Kalzium zu Phosphor in der Vogelernährung 2 zu 1 betragen. In Sonnenblumenkernen sind jedoch nur 1 Teil Kalzium und 7 Teile Phosphor enthalten. Dies kann zu einer massiven Unterversorgung mit Kalzium führen. Ist die Nahrung außerdem noch zu fettreich, wird durch das Fett zusätzlich Kalzium gebunden und so dem Vogel entzogen. Außerdem spielt Vitamin D in der Ernährung eines Vogels eine große Rolle; und ein Mangel vermindert die Verfügbarkeit von Kalzium für den Vogel. Vitamin D wird durch ultraviolette Strahlung (Sonnenlicht) in seiner aktiven Form in der Haut gebildet. Ohne Sonneneinstrahlung kann dieses Vitamin nicht gebildet werden. Es ist jedoch notwendig, um Kalzium aus dem Darm aufzunehmen. Selbst wenn der Vogel über die Nahrung genügend Kalzium erhält, kann es ohne Vitamin D nicht für den Vogel verfügbar gemacht werden. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Unterversorgung von Kalzium durch schlechte Haltungsbedingungen (Mangel an UV-Licht) und mangelhafte Fütterung (Mangel an Kalzium, Vitamin A und D, zuviel Fett, u.a.) eine häufige Ursache für Legenot ist.

 

Wie kann man einer Legenot vorbeugen?

Es ist also sehr wichtig, seinem Vogel Produkte anzubieten, welche einen hohen Gehalt an Kalzium aufweisen. So sind Milchprodukte (z.B. Käse und Joghurt), sowie gut gekochte Eierschalen sehr geeignet. Außerdem ist für eine optimale Vitaminversorgung des Vogels zu achten (v.a. Vitamin A und D). Dies gelingt leicht mit einer Vitamingabe über das Futter oder das Trinkwasser. Bei einer Gabe von Vitaminpulver über das Futter sollten die Vitamine besser über Obst gestreut werden, als über Körnerfutter. Da der Vogel die Körnerhülsen nicht mit verzehrt, geht das meiste Vitaminpulver verloren und wird vom Vogel nicht aufgenommen. An Obst und Gemüse haftet das Pulver jedoch sehr gut, und somit nimmt der Vogel es so besser auf. Zusätzlich sollte der Vogel UV-Licht über direkte Sonne oder eine UV-Lampe erhalten. Auch pelletiertes Futter für Vögel enthält in der Regel ebenfalls alle notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge.

 

Wie diagnostiziert und therapiert man eine Legenot?

Die Diagnose einer Legenot kann sehr leicht gestellt werden. Vorberichtlich haben die Vögel häufig schon Eier gelegt und sitzen plötzlich pressend und aufgeplustert auf der Stange, oder gar am Käfigboden. Oft ist die Kloake verklebt, der Bauch verdickt und die Vögel zeigen Atemnot. Es kommt jedoch auch vor, dass die Patienten ein nahezu ungestörtes Allgemeinbefinden zeigen. Hier kann die Aufmerksamkeit eines Vogelhalters, welcher schon die kleinsten Anzeichen eines 




Die Legenot im Röntgenbild


 

Unwohlseins bei ihrem Vogel erkennt, lebensrettend sein. Bei der Untersuchung eines an Legenot leidenden Vogels, ist das Ei häufig schon durch die Bauchdecke zu fühlen. Hierbei muss ein zu starker Druck auf die Bauchdecke unbedingt vermieden werden, damit es nicht zum Zerbrechen des Eies und somit zu einer Verletzung des Legedarmes kommen kann. Eine Röntgenaufnahme, welche immer angefertigt werden sollte, wenn der Verdacht einer Legenot besteht, gibt Sicherheit. Ferner ist ein Röntgenbild notwendig um Anzahl und Zustand der Eier bestimmen zu können. So müssen beispielsweise zerbrochene oder besonders rauschalige Eier sofort chirurgisch entfernt werden. Auch bei zwei sichtbaren Eiern muss eine Operation der Legenot erfolgen. Bei ungestörtem Allgemeinbefinden und ohne die oben genannten Komplikationen kann eine konservative Therapie versucht werden. Dafür muss der Patient in eine ruhige, warme Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit gebracht werden. Der Vogel erhält dann Kalziuminjektionen. In den meisten Fällen kann der Patient so geheilt werden. Gelingt dies nicht, muss eine chirurgische Intervention erfolgen. Bei dieser Operation wird der Legedarm eröffnet und das Ei entfernt. Unter Umständen kann der Legedarm mit entfernt werden, so dass keine weiteren Eier mehr gelegt werden können. Ob dies möglich ist, kann der Chirurg meistens erst bei der Operation entscheiden. 




Ein bei einer Legenot-Operation entferntes Bruchei und der in derselben Operation entfernte Legedarm(Wellensittich).


 

© 04/2009 

Kleintierpraxis Astrid Köhnen 
Zusatzbezeichnung: Zier-, Zoo- und Wildvögel 
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Fotos 

Astrid Köhnen