Klinik, Diagnostik und Therapie der chronisch degenerativen Mitralklappenerkrankung
Ein praxistauglicher Ansatz zur einfachen Diagnosestellung, Klassifizierung und Therapieentscheid
Was versteht man unter dem Begriff „Herzinsuffizienz“?
Der Begriff Herzinsuffizienz steht ganz allgemein für eine Herzschwäche. Diese wird im Wesentlichen durch eine Klappeninsuffizienz und/oder eine Myokardinsuffizienz hervorgerufen. Neben diesen sind aber auch Rhythmusstörungen in der Lage, eine Herzinsuffizienz auszulösen. Regelmäßig treten Klappen- und Myokardinsuffizienzen gleichzeitig in Erscheinung. Bei der chronisch degenerativen myxomatösen Mitralklappenerkrankung (CMVD) des kleinen Hundes kommt es im Erkrankungsverlauf zuerst zu einer Klappeninsuffizienz. Das im Bereich der undichten Herzklappe zurück strömende Blut führt zu einer Volumenüberladung des linken Herzens. Vergrößerte Durchmesser der linken Haupt- und Vorkammer sind, je nach Stadium der Erkrankung, die Folge. Das Myokard der linken Kammer muss bei der Volumenüberladung ständig mehr Arbeit leisten, um den Körper zu versorgen. Zu Beginn kompensiert der ihm eigene Frank-Starling-Mechanismus durch eine Erhöhung der Kontraktilität das nötige Herzminutenvolumen.
Als Kompensation kommt es durch Dickenzunahme der Herzmuskelzellen zu einer exzentrischen Hypertrophie der Kammerwand. In dieser Phase merkt man dem Patienten klinisch nichts an, da die genannten physiologischen Reaktionen zu einer erfolgreichen körpereigenen Kompensation der Volumenüberladung beitragen. Aber diese Mechanismen haben ihre Grenzen.
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Erreicht die Vorspannung in der linken Kammer eine kritische Grenze, kommt es durch die Abnahme der Kontraktilität zur Reduktion des Auswurfvolumens (Vorwärtsversagen), welche durch die Gegenwirkungen des Renin-Angiotensin-Aldosteron- Systems (RAA-System) korrigiert wird. In diesem Moment beginnt das eigentliche „Herzversagen“.
Parallel kommt es im Laufe der chronischen Klappeninsuffizienz nicht nur in diesen, sondern auch im Herzmuskel zu Veränderungen auf zellulärer Ebene. Im Wesentlichen handelt es sich um bindegewebige (fibröse) Umbauprozesse im interzellulären Bereich. Ob diese lokalen Fibrosen die gleiche Bedeutung haben, wie die beim Menschen, ist beim Hund nicht vollständig bewiesen.
Herzinsuffizienz steht als Oberbegriff für verschiedene pathologische Veränderungen, die auch je nach Erkrankung miteinander kombiniert vorliegen können:
1. Klappeninsuffizienz
2. Myokardinsuffizienz
3. Primäre Rhythmusstörungen
4. Sekundär: systemische Erkrankungen
Die Folgen dieser Insuffizienzen sind:
- Volumenüberladung
- Drucküberladung
- Systolisches Myokardversagen
- Diastolische Myokarddysfunktion
- Sekundäre Rhythmusstörungen
- „High Output“ Zustände
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Eine zweite, überwiegend bei Hunden großer Rassen vorkommende Herzinsuffizienz, die sich in ihren Folgen mit der Mitralklappenerkrankung des kleinen Hundes vergleichen lässt, ist die dilatative Kardiomyopathie (DCM). Sie beginnt aber im Gegensatz zur CMVD mit einer Myokardinsuffizienz aufgrund der Veränderungen der Myofibrillen auf zellulärer Ebene. Die Ursachen dafür sind fast ausschließlich primär genetischer Natur. Die Herzinsuffizienz führt über ihren pathophysiologischen Mechanismus wie bei der CMVD zu einer Volumenüberladung des linken Herzens.
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Auch bei der DCM kommt es zu einer (aus klinischer Sicht unlogischen) exzentrischen Hypertrophie der noch vorhandenen gesunden Herzmuskelzellen.
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Im weiteren Verlauf der kongestiven DCM kommt es immer zu einer progredienten Aufweitung der linken Herzkammer. Ab dem Moment, wo sich auch der Klappenring (Anulus fibrosus) durch die Volumenüberladung dehnt, entsteht die Insuffizienz der Mitralklappen. Diese haben meistens keine sichtbaren pathologischen Veränderungen. Spätestens ab diesem Moment im Zeitlauf der DCM kommt es zum Rückwärtsversagen. Blut, welches sauerstoffreich aus der Lunge in das linke Atrium kommt, staut sich auf und wird wegen des schwachen Herzmuskels nicht adäquat in den Körper transportiert (Vorwärtsversagen).
Obwohl die DCM durch reduzierte Kontraktilität mit einem reinen Vorwärtsversagen beginnt, fängt die klinische Phase fast immer erst mit dem Beginn des gerade geschilderten Rückwärtsversagens an.
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Symptome der linksseitigen Insuffizienz durch Volumenüberladung
Grundsätzlich lassen sich alle kardialen Symptome auf die eines Rückwärtsversagens (Hypertonie der Venen im kleinen Kreislauf mit Lungenödem und der systemischen Venen mit Aszites = Kongestionsinsuffizienz), eines Vorwärtsversagens (verminderte Auswurfleistung, reduziertes Herzminutenvolumen = Perfusionsinsuffizienz) oder auf deren Kombination zurückführen.
Hunde mit Herzerkrankungen zeigen im allgemeinen Symptome, wie
- Geringe Belastungsfähigkeit (keine Spitzenleistung mehr)
- Reduzierte Ausdauer
- Husten
- Tachypnoe -> Dyspnoe ->> Orthopnoe
- Zyanose
- Aszites
- Synkope
- Krampfanfälle
- Plötzlicher Herztod
Im Folgenden soll veranschaulicht werden, welche Hinweise und diagnostische Methoden geeignet sind, das Risiko des Vorliegens einer ernsten Herzerkrankung zu erkennen.
Leistungsfähigkeit
Geringe Belastungsfähigkeit, mangelnde Ausdauer oder fehlende Bewegungsfreude hängen von sehr vielen Faktoren ab. Insbesondere Alter des Hundes, Übergewicht, natürliche Unlust, latente Schmerzen und Einschränkungen im Bewegungsapparat sind hier zu nennen. Neben den Erkrankungen von Herz und Kreislauf kommen noch verschiedene systemische Erkrankungen (chron. Niereninsuffizienz, Diabetes, M. Cushing, Hypertension, Tumorerkrankungen) als Erklärung in Frage.
Werden allerdings Symptome wie Husten oder die „drei –pnoes“ genannt, ist eine Herzerkrankung schon etwas wahrscheinlicher.
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Husten
Husten kardialer Natur ist natürlich ein gravierender Hinweis auf ein kongestives Linksherzversagen. Aber wie erkenne ich diesen?
Gelegentlicher Husten, der über lange Zeit (Monate) besteht, ohne dass die Leistungsfähigkeit des Tieres leidet, ist sicherlich nicht kardialer Natur, denn Husten als Folge eines kardialen Lungenödems ist ohne eine Diurese innerhalb weniger Wochen tödlich.
Und es ist nicht immer das Herz: letztendlich hustet die Lunge und nicht das Herz.
Kardialer Husten ist meistens mit Anstrengung und Aufregung gekoppelt. Morgendlicher Husten, oder der in Ruhe, lässt eigentlich auf eine primäre Ursache in den unteren oder oberen Atemwegen schließen.
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Hecheln
Tachypnoe (Hecheln) ist das häufigste Symptom, welches der Patientenbesitzer schildert, der mit seinem Patienten zum Kardiologen kommt. Hecheln ist allerdings ein völlig unspezifisches Symptom, welches viele Ursachen haben kann. Bedeutung hat Hecheln nur in Verbindung mit einem weiteren Problem.
Beispiele: Hecheln + Lahmheit = Schmerz, Hecheln + Erbrechen = Bauchschmerz, Hecheln + Fieber = Hyperthermie, Hecheln + Polydipsie = endokrine Erkrankungen (etc). Ohne ein zweites Kardinalsymptom ist Hecheln fast immer irrelevant oder normal.
Die Ruheatemfrequenz ist aber sehr wohl ein verlässlicher Indikator einer Herz-Kreislauferkrankung. Zeigt ein Hund in Ruhe (Liegen im Körbchen oder auf dem Sofa) eine Ruhefrequenz von über 30 Atemzügen pro Minute, besteht ein signifikanter Hinweis auf das Vorliegen einer respirativen Störung. Werte über 35- 40 Atemzüge sollten dazu Anlass geben, einen Tierarzt aufzusuchen. Die Ruheatemfrequenz ist bei Patienten mit linksseitigen Herzerkrankungen ein wichtiger Parameter, mit dem der Tierbesitzer frühe Anzeichen der Kongestion bei Mitralklappenerkrankung und DCM erkennen kann.
Dyspnoe
Dyspnoe steht für Atemnot oder Luftnot, einen Zustand von Luftmangel, den ein Kranker in Ruhe oder bei leichter Belastung empfindet. Tritt die Luftnot bereits in Ruhe auf, spricht man von einer Ruhedyspnoe. Kann die Luftnot nur durch Sitzen oder im Stehen ertragen werden, dann spricht man von einer Orthopnoe. Bei stärkerer Luftnot zeigen die betroffenen Tiere Beklemmungsgefühle (Unruhe, sich nicht Legen mögen) und Erstickungsangst. Dadurch kann die objektiv vorhandene Luftnot verstärkt und ungünstig beeinflusst werden (Adrenotonus im Kreislaufsystem). Zur Dyspnoe kommt es, weil der Sauerstoffbedarf des Organismus nicht gedeckt oder der Kohlendioxydspiegel nicht abgeatmet werden kann. Aus kardiologischer Sicht sind dafür verschiedene Erkrankungen verantwortlich. Auswirkung auf die Atmung haben Herzerkrankungen erst, wenn klare Anzeichen der Herzinsuffizienz vorliegen. Dabei sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Zustände festzuhalten:
Hyperperfusion der Lungengefäße
- bei Rückwärtsversagen, wie kongestivem Linksherzversagen
Hypoperfusion der Lungengefäße
- bei Vorwärtsversagen rechts. (z. B. Pulmonalstenose und/oder Cor pulmonale)
Beide Zustände führen zu einem mangelnden Austausch von Blutgasen in der Lunge und sind klinisch nur mit viel Erfahrung zu unterscheiden.
Im Rahmen der fortgeschrittenen Linksherzerkrankungen kommt es zu Stauungen im venösen Bereich. Ein erhöhter hydrostatischer Füllungsdruck der Pulmonalvenen verursacht ein Lungenödem, in den Venen der Pleura führt das zu einem Thoraxerguss, im Bauchraum zum Aszites. Besonders die beiden ersten Zustände haben eine Dyspnoe zur Folge.
Erkrankungen bei denen dieses Rückwärtsversagen möglich ist:
- Mitralinsuffizienz durch angeborene oder erworbene Mitraliserkrankung
- DCM dilatative Kardiomyopathie
- PDA persistierender Ductus arteriosus
- AS Aortenstenose
- schwere Arrhythmien
- Myokarditis
Diagnostik
1. Anamnese (Rasse, Alter, Gewicht, Geschlecht, Familienanamnese) Vorbericht der klinischen Symptome (Leistungsschwäche, Dyspnoe – Husten, Körperhöhlenergüsse, Anfälle, Kollaps – Synkopen)
2. Klinische Untersuchung
3. Auskultation
4. Röntgen
5. Echokar
1. Anamnestisch ist es wichtig, die Rasse, das Alter und Gewicht für den anstehenden Algorithmus zu berücksichtigen. Ein älterer Westhighland-White-Terrier, der mit Husten und Dyspnoe zur kardiologischen Untersuchung vorgestellt wird, geht später sicherlich mit einer primären Lungenerkrankung durch eine Lungenfibrose nach Hause. Die Kenntnis über diese Disposition ist für die Diagnosefindung wichtig. Viele Patienten, besonders der kleineren Rassen, haben im letzten Altersdrittel ein Herzgeräusch. Wenn ein Vertreter dieser Hunde Husten oder eine erschwerte Atmung aufweist, bedeutet das aber nicht automatisch, dass das Herz die Ursache ist.
2.-3. Die Durchführung der klinischen Allgemeinuntersuchung mit Auskultation ist extrem wichtig, um das weitere Vorgehen festzulegen. Bei Welpen kann manchmal schon durch exaktes Auskultieren eine Diagnose gestellt werden (z.B. Maschinengeräusch des PDA). Beim erwachsenen Hund ist es meistens schwieriger, da auch systemische Erkrankungen hinzukommen, die das Herz-Kreislaufsystem beeinflussen (z.B. Dyspnoe und Cushing-Erkrankung, Husten und Lungenfibrose).
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Daher sollte im Anschluss nach Hinweisen der Kongestion gesucht werden. Das Röntgen eignet sich jetzt ausgezeichnet, um rückwärtige Stauungen zu entdecken (Lungenvenenstau, Lungenödem, Aszites, Thoraxerguss).
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Die Herzgeräusche werden in sechs Grade der Geräuschintensität eingeteilt. Wichtig ist ebenfalls, auf den Herzrhythmus zu achten. Eine respiratorische Arrhythmie ist unseren Hunden eigen. Sie ist dem gesunden Herzen eigen. Wenn man sich nicht sicher ist, ob es sich wirklich um diese Arrhythmie handelt, sollte man ein EKG anfertigen.
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4. Die Röntgenuntersuchung ist zur Abklärung der Ursache von klinischen Beschwerden bei respiratorisch bedingten Symptomen die beste Untersuchungsmethode.
Im Hinblick auf eine kardiologische Ursache gilt es, zunächst die Herzform und –größe zu bestimmen.
Die im Röntgenbild des Thorax sichtbare Herzform hängt wesentlich vom Alter und der Rasse des Patienten ab. Thoraxaufnahmen von Welpen unter vier (bis sechs) Monaten haben naturgemäß eine imposante Herzsilhouette, weil der Brustkorb nach der Geburt noch etwas tonnenförmig ist (auch bei schmalbrustkörbigen Rassen wie dem Dobermann) und das Herz in diesem Alter im Verhältnis zur noch geringen Körpermasse sehr groß ist.
Besonders wichtig ist die Beachtung der rassebedingten Unterschiede der Thoraxform bei erwachsenen Hunden. Man kann folgende Typen und die daraus resultierenden Einschätzungen unterscheiden:
Tiefer flacher Brustkorbtyp (Dobermann, Whippet, Afghane, Saluki, Boxer, Viszla)
Das Herz wird im Verhältnis zum Thorax subjektiv als normal bis zu klein eingeschätzt.
Tonnenförmiger Brustkorbtyp West Highland White Terrier (WHWT, Cairn- Terrier, Border)
Das Herz wird auf den ersten Blick, wie bei den Welpen, als leicht zu groß empfunden.
V-förmiger (brachyzephaler Typ) (Frz. Engl. Bulldoggen, Boston Terrier, Mops)
Vor und hinter dem Herzen ist kaum Lungengewebe sichtbar. Herz erscheint zu groß.
Intermediärer Typ Deutscher Schäferhund (DSH), Labrador, Golden Retriever (G.R.), Rottweiler, Rauhaardackel (RHT)
Auf den ersten Blick passen Lungenfeld und Herzsilhouette gut zusammen.
Um die verschiedenen Veränderungen einer Linksherzerkrankung von der ersten Kammervergrößerung bis zur kardial bedingten Lungenkongestion zu erkennen, müssen folgende Regeln beachtet werden.
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Anzeichen der krankheitsbedingten Herzveränderungen (1.-2. remodeling) sind:
1. Vergrößerung der linken Kammer
2. Vergrößerung der linken Vorkammer
3. Lungenvenenstauung
4. Hiläres interstitielles Lungenödem
5. Alveoläres Lungenödem
Um die Herzgröße objektiv zu bestimmen, gibt es mit dem Vertebral heart score System nach Buchanan (VHS) eine allgemein anerkannte Methode.
Die Vergrößerung der linken Vorkammer geht im Röntgenbild mit einer Kaudalisierung der hinteren Herzsilhouette (Abb. 5 rote Linie) einher. Zudem werden die beiden Hauptbronchien, durch das sich ausdehnende linke Atrium auseinander gedrückt, separiert.
Neben der Größe der Herzkammern ist auf Stauungserscheinungen zu achten, weil sie wichtig zur Beurteilung sind, ob ein Patient sich im kongestiven Stadium einer Linksherzerkrankung befindet.
Die Steigerung des Kongestionszustandes beginnt mit dem Austritt von Transsudat aus den Lungenvenen in das Lungeninterstitium und die Alveolen. Das Lungenödem erscheint im Röntgenbild als ernstes Anzeichen des Herzversagens zunächst
im Interstitium, später in den Alveolen mit wolkiger Verschattung und Bronchogrammen.
Das kardiale Lungenödem erscheint zuerst kaudal des Herzens im Bereich der hilären Gefäße. Es breitet sich im Gegensatz zur Katze immer gleichförmig zentrifugal aus. Typisch ist die kaudo-dorsale Lage des Ödems im Thoraxbild (Abb. 7).
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Ein Lungenödem in Verbindung mit einer linksseitigen Kardiomegalie spricht natürlich eindeutig für seine kardiale Ursache. Allerdings gibt es auch ähnliche alveoläre Lungenzeichnungen im kaudo-dorsalen Bereich anderer Ursache, wie Lungenblutungen bei Cumarinvergiftungen und Lungenödeme anderer Genese (neurogene Ödeme).
Merke: |
Rasse | VHS Score | s +/- |
Cavalier King Charles Spaniel |
10,6 |
± 0,5 |
Boxer |
11,6 |
± 0,8 |
Dobermann |
10,0 |
± 0,6 |
Dt. Schäferhu |
9,7 |
± 0,7 |
Labrador Retriever |
10,8 |
± 0,6 |
Whippet |
11,0 |
± 0,5 |
Yorkshire Terrier |
9,7 |
± 0,5 |
5. Echokardiographie
Bei jedem klinischen Patienten mit dem auskultatorischen Befund „Herzgeräusch“ muss eine Ultraschalluntersuchung zur Diagnosestellung sofort oder zeitnah durchgeführt werden. Nur die Echokardiographie ist in der Lage, die morphologischen und funktionalen Veränderungen von Herzmuskel und Klappen zu erkennen.
Mit der echokardiographischen Untersuchung ist der Verlauf und die Entwicklung der Erkrankung gut zu dokumentieren und prognostizieren.
Sie stellt neben dem Farb- und Spektraldoppler intelligente Messmethoden, um die Erkrankung schon in der subklinischen Phase erkennen zu können, zur Verfügung. Das gilt insbesondere für die DCM, der ein frühes Herzgeräusch, wie es bei der Mitralklappenerkrankung als Befund vorkommt, als Krankheitsindikator fehlt.
6. Laboruntersuchungen Im Rahmen der chronisch degenerativen Herzerkrankung hat sich die Bestimmung des nt-pro-BNP als sinnvoll herausgestellt. Es kann auch als Funktionsparameter der linken Kammer bezeichnet werden. Wenn die Wandspannung durch eine Volumenüberladung des Herzens zunimmt, sind erhöhte Werte des nt-pro BNP im Plasma nachweisbar. Dieser Parameter ist eine große Hilfe in der Praxis, um zwischen Hunden mit primären Atemwegserkrankungen und sekundären Symptomen durch eine kardiale Erkrankung zu unterscheiden. Hustende, hechelnde oder dyspnoeische Patienten mit einem nt-pro BNP Werte von < 900 pmol/L beispielsweise, haben mit hoher Wahrscheinlichkeit keine kardiale Ursache des Hustens (Cardiopet® Test IDEXX).
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Klassifizierung der CMVD
Ungefähr 70% unserer caninen Herzpatienten weisen chronisch degenerative AV-Klappenerkankungen auf. Das resultierende Herzgeräusch wird häufig zufällig bei der Auskultation, z.B. im Rahmen der Impfung oder vor einer geplanten Narkose festgestellt.
Merke: |
Ist ein Geräusch vorhanden, sollte eine Echokardiographie durchgeführt werden, um die Diagnose zu stellen oder zu bestätigen.
Die längste Phase der Mitralklappenerkrankung ist die subklinische Phase, die bei Teckel oder Cavalier-King-Charles-Spaniel (CKCS) häufig vom 5. Lebensjahr bis zum 10. Lebensjahr symptomlos verläuft.
Um den Patienten im Hinblick auf einen therapeutischen Vorteil richtig einzuschätzen zu können, ist eine standardisierte Klassifikation hilfreich. So kann man leichter die Krankheitsstadien mit den Therapieplänen und –ergebnissen aus Studien vergleichen.
Im Jahre 2009 hat die ACVIM (American College of Veterinary Internal Medicine) einen Konsensus zur Klassifizierung von Hunden mit chronisch degenerativer Mitralklappenerkrankung veröffentlicht, der die Errungenschaften verschiedener vorheriger Klassifizierungen und Bemühungen (CHIEF) um eine Standardisierung von Diagnostik und Therapie miteinander verbindet.
Man unterscheidet in dieser Klassifizierung 5 Stufen der Entwicklung dieser Erkrankung.
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A Risikopatient
Jeder Hund, der aufgrund seiner Rasse eine beschriebene natürliche Disposition für die Entwicklung dieser Erkrankung besitzt, wird hier eingeordnet. Die Konsequenz ist, dass man den Besitzer über das Risiko in einem bestimmten Alter zu erkranken, aufklärt.
B „Hund mit Befund“ asymptomatisch In diese Kategorie werden alle Hunde eingestuft, die einen Befund aufweisen. Dieser ist üblicherweise ein Herzgeräusch im Bereich der AV-Klappen. Alle Hunde dieser Kategorie haben keine kardial bedingten klinischen Symptome!
Die Kategorie B wird, wie bei der ISACHC Klassifizierung, in zwei Gruppen eingeteilt:
B1: Hunde mit Geräusch ohne Anzeichen des Remodelings (Kardiomegalie) und einer kaum signifikanten Mitralinsuffizienz (Echo)
Röntgen: VHS: normal und keine Stauungen
Symptome: keine
B2: Hunde mit Remodeling (Vergößerung der linken Kammer oder Vorhof oder beides) und einer signifikanten Mitralinsuffizienz.
Röntgen, VHS zeigt Kardiomegalie > 10-11, eine links atriale Vergrößerung aber kein Lungenödem.
Echo: ggr. Mitralinsuffizienz; LVEDDN > 1,8 (linksventikulärer normalisierter Durchmesser nach der allometrischen Formel nach Cornell) ein La/Ao > 1,6
Symptome: keine
C Patient mit Symptomen
Der Unterschied zwischen B und dem Stadium C sind die nun vorliegende Symptome.
Röntgen: Kardiomegalie mit Lungenvenenstauung, hilärem oder alveolärem Lungenödem.
Echo: LVEDDN > 1,8 La/Ao > 1,6 oft > 1,8, deutliche Mitralinsuffizienz
Man kann das Stadium C noch in drei weitere unterteilen:
C2 sind Hunde mit leichten bis mittelgradigen Kongestionsanzeichen
C3 sind Hunde mit einer schweren Kongestion.
Wenn diese symptomatischen Patienten behandelt werden und sich wieder asymptomatisch geben, bleiben sie aber im Stadium C1.
D.h. auch: ein Hund der einmal kongestiv war, wird nie wieder zurück in Stadium B gestuft.
Das bedeutet ebenfalls, dass diese Hunde lebenslang eine Diurese nötig haben, um dieses Stadium möglichst lange zu erhalten.
D Patienten mit refraktärer häuslicher Therapie
In diesem Stadium werden Hunde eingestuft, deren Therapie bereits länger gegeben wurde und bei denen ohne einen stationären Aufenthalt keine Besserung des Befindens zu erwarten ist. In diesem Stadium wird sehr häufig die Frage nach der Euthanasie gestellt.
Therapie der Mitralklappenerkrankung CMVD
Nachdem nun wesentlichen Fakten zur Diagnosestellung und Klassifizierung erläutert wurden, möchte ich mich bei den Empfehlungen zur Therapie nur auf evidenzbasierte Fakten stützen. Das beinhaltet auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Empfehlungen der ACVIM.
Man kann zunächst festhalten, dass es kaum Sinn macht, einen asymptomatischen Patienten zu behandeln.
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Literaturfakten zur Therapie des asymptomatischen Patienten
Es gibt einige gute Studien zur Wirkung von ACE- Hemmern beim asymptomatischen Patienten. Sowohl die SVEP Studie 2002 und VETPROOF Studie 2002 haben mit hohem Evidenzgrad Enalapril bei asymptomatischen Patienten gegen Placebo getestet. Beide Studien konnten keinen nachhaltigen Effekt dieser frühzeitigen Behandlung nachweisen. Pouchelon et al. 2008 hat das mit Benazepril in einer retrospektiven Studie, wenn auch mit geringerer Beweiskraft, ebenfalls bestätigt. Zurzeit läuft die EPIC-Studie, in der Pimobendan gegen Placebo in einer prospektiven kontrollierten Blindstudie getestet wird. Eine vergleichbare Studie zum Einsatz von Spironolacton in diesem Stadium wird in Italien durchgeführt (laut Smith 2013).
Man kann festhalten: |
Eigene Anmerkung:
Einen Patienten im Stadium B1 zu behandeln, ist aus medizinischen Gesichtspunkten mit dem heutigen Wissen um die Wirkung der erwähnten Therapeutika nicht zu vertreten. Eine „noch so gut gemeinte“ Monotherapie mit ACE-RAAS-Hemmern, Pimobendan, Digitalis oder Diuretika ist nicht sinnvoll.
Die Patienten im Stadium B2 sind allerdings, da sie dem klinischen Stadium recht nahe kommen, sehr differenziert zu betrachten.
Die Besitzer dieser Hunde müssen gut über die Symptome einer linksseitigen Kongestion mit Lungenödem informiert werden. Die Messung der Ruheatemfrequenz gehört hier zum Standard. Die Besitzer sollten diese messen und dokumentieren. Solange dieser Wert unter 30/min ist, kann man von einem kompensierten Zustand der Herzerkrankung ausgehen. Zudem sollten zweimal jährlich echokardiographische Untersuchungen durchgeführt werden.
Abweichend von der generellen Aussage muss man festhalten, dass es im Stadium B2 durchaus Fälle gibt, die Anlass geben, eine Behandlung einzuleiten. Alle Studien und die persönlichen Erfahrungen kennen Grenzfälle, in denen Patienten kurz vor dem Lungenödem vorgestellt werden.
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Anerkannte Indikationen zur vorgezogenen Behandlung im Stadium B 2 sind:
Röntgen:
Ein beginnendes Lungenödem auch ohne die Schilderung eines Symptomes durch den Besitzer.
Echo:
Ein im Doppler sichtbarer starker Rückflussjet auf das Vorhofdach (Jetlesions). Ein im Doppler sichtbarer starker Rückflussjet direkt in die Lungenvene (Ödem). Ein deutlicher Mitralklappenprolaps oder –flail (Gefahr der Klappenruptur). Eine im peripher oder im Herzdoppler messbare systemische Hypertension bei sehr alten Patienten.
Allerdings gibt es keine klinischen Daten, ob man diese nur in der Bildgebung sichtbaren Risikofaktoren durch eine frühere Therapie vermeiden kann.
Therapie des symptomatischen Patienten:
In der Literatur gibt es zur Behandlung der klinischen Phase der Mitralklappeninsuffizienz eine ganze Reihe von Studien mit verschiedenen Präparaten.
ACE Hemmer:
Schon 1998 (LIVE) und 1999 (BENCH) befassten sich zwei prospektive multizentrische kontrollierte Studien mit der klinischen Phase der chronischen Mitralklappenerkrankung und der DCM. Als Zusatz zur gängigen Furosemid- und Palliativtherapie wurde die Wirksamkeit von Enalapril beim klinisch erkrankten Hund nachgewiesen.
Pimobendan: Die QUEST-Studie, im Jahre 2008 veröffentlicht, ist die größte bislang in der Tiermedizin durchgeführte klinische Multizenterstudie auf einem sehr hohen Evidenzlevel.
Diese Studie bewies ebenfalls prospektiv, kontrolliert, randomisiert und einfach verblindet den Vorteil der Pimobendangabe plus Furosemid und add-ons (weitere pril mit Furosemid und add-ons. Evidenzlevel und Signifikanzen beweisen den Vorteil der Gabe von Pimobendan gegenüber ACE Hemmern in Verbindung mit den zusätzlich verabreichten Medikamenten.
Spironolacton:
Spironolacton hat, wie auch die ACEHemmer, eine hemmende Funktion im RAA-System und damit seinen Platz in der Herztherapie. In der Humanmedizin wurde das in der RALES-Studie eindrucksvoll bewiesen. 2010 haben Bernay et al. die Ergebnisse einer prospektiven placebodoppelblinden Studie zur Wirkung von Spironolacton beim Hund mit klinischer Mitralklappenerkrankung veröffentlicht.
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In Kombination mit einem ACE-Hemmer konnte das Risiko der Mortalität im Vergleich zu einer ACE-Hemmergabe ohne Spironolacton das Mortalitätsrisiko deutlich senken.
Digitalis:
Metildigoxin ist vor der Markteinführung der ACE-Hemmer neben dem Furosemid das am häufigsten verwendete Herzmedikament gewesen. Neben der negativen Chronotropie und positiven Dromotropie wurden besonders die theoretischen Aspekte seiner positiven Inotropie als nützliche Eigenschaften immer wieder betont. Von diesem Anwendungsbereich des damaligen Blockbusters ist in der Tiermedizin nur die positive antiarrhythmische Wirkung auf den Vorhof und seine Möglichkeit zur Frequenzkontrolle von Tachykardien übrig geblieben.
Furosemid:
Über das meines Erachtens wichtigste Präparat für Hunde im kongestiven Herzversagen gibt es bemerkenswerter Weise keine Studie, die mit den oben genannten auch nur ansatzweise vergleichbar wäre. Das ist sicher der allgemeinen Erfahrung geschuldet, dass die Diurese mit Furosemid das effektivste Mittel zur Behandlung des kongestiven Herzversagens ist. Es gilt auch festzuhalten, dass bei einem Patient, der einmal eine Furosemid-Diurese bekommen hat, dieses Präparat niemals wieder abgesetzt wird. Anpassungen der Dosis sind sehr wohl richtig und gewünscht.
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Die Empfehlung des ACVIM Konsensus im klinischen Stadium C zur häuslichen Therapie lautet:
Triple Therapie Sprich drei Wirkstoffe: Pimobendan, ACEHemmer und Furosemid.
Uneinig war man sich über die Verwendung von: Spironolacton, Digoxin und ß-Blocker.
Dieser Konsensus ist allerdings wegen fehlender Studienergebnisse zur Triple- Therapie in meinen Augen nur eine „multicenter personal Opinion“. Das bedeutet, es wird eine Triple-Therapie propagiert, ohne Daten zur Kombination der Wirkstoffe im Hinblick auf die zu behandelnde Erkrankung zu besitzen.
Quadriple Therapie
Meine persönlichen Erfahrungen (auch unteres Evidenzlevel) sprechen für die routinemäßige Anwendung von Furosemid, Pimobendan, ACE-Hemmer und Spironolacton bei diesen Patienten. Man nenne sie Quadripletherapie.
Nimmt man Evidenz basierte Medizin ernst und hält sich strikt an die Studienergebnisse, hätte der Konsensus für die Behandlung des klinischen Stadiums der CMVD die Kombination von Pimobendan + Furosemid zzgl. verschiedener anderer add-on Präparate (s.o.) als erste Wahl empfehlen müssen.
© 10/2013 |
Dr. Jan-Gerd Kresken |
Erschienen als Sonderdruck der fachpraxis der Firma Albrecht 37. Jahrgang Juli 2013.
Mit freundlicher Genehmigung der Albrecht GmbH www.albrecht-vet.de.