Ausgewählte Erkrankungen der Kornea

Die Hornhaut (Kornea) ist Teil des lichtbrechenden (dioptrischen) Apparates des Auges, zu dem bei den Säugetieren darüber hinaus noch das Kammerwasser (Humor aqueus), Linse (Lens) und Glaskörper (Corpus vitreum) gehören. 

Die Kornea bildet zusammen mit der weißen Augenhaut (Sklera) die äußere Augenhaut (Tunica externa bulbi oder Tunica fibrosa bulbi). Während die Hornhaut durch ihre Transparenz das Eindringen von Lichtstrahlen auf die Netzhaut erlaubt, dient die äußere Augenhaut insgesamt dem Schutz der innen liegenden empfindlichen und feinen Augenstrukturen.




Abb.1. histologischer Aufbau der Hornhaut


 

Anatomie der Kornea

Die Hornhaut ist bei Hund und Katze mit einem horizontalen Durchmesser von 17 mm und einen vertikalen Durchmesser von 16 mm nahezu von kreisförmigem Aussehen. Sie weißt zentral eine Dicke von 0,8 mm und in ihrer Peripherie eine solche von 0,6 mm auf. 

Die Übergangszone zwischen der weißen Augenhaut und der Hornhaut wird als Limbus corneae bezeichnet. Die Kornea enthält mit 75-80 % einen relativ hohen Wasseranteil. 

Die Hornhaut setzt sich anatomisch gesehen aus 5 verschiedenen Baueinheiten zusammen (Abb.1). Von außen nach innen betrachtet kommt zunächst eine aus mehreren Zelllagen bestehende Schicht, das sogenannte Epithel. Daran schließt sich eine den Hauptbestandteil der Kornea bildenende Schicht aus Kollagenbündeln an (Stroma). Zur vorderen Augenkammer hin ist die Hornhaut schließlich mit einer lediglich aus einer Zellreihe bestehenden Zellschicht (Endothel) versehen. Am Übergang sowohl zwischen Epithel und Stroma als auch zwischen Stroma und Endothel befindet sich eine als Basalmembran oder auch Grenzmembran bezeichnete Struktur. Diese nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbar zu machende, 40-60 Mikrometer dicke Lage fungiert als Verbindungseinheit zwischen den Baueinheiten der Hornhaut. Die Basalmembran zwischen dem Stroma und dem Endothel wird als Descemetsche Membran bezeichnet und stellt eine letzte und wichtige Barriere bei tiefen Verletzungen oder Ulzerationen der Hornhaut dar, bevor es zu einer Perforation der Hornhaut kommt. Sie ist eine elastische Membran, die im Laufe des Lebens kontinuierlich wächst, so dass sie bei älteren wesentlich stärker als bei jungen Tieren ausgeprägt ist.

Das Epithel besteht aus 5-7 Zellschichten (mehrschichtiges Plattenepithel), die sich alle 7 Tage vollständig erneuern. An seiner Außenseite wird es vom Tränenfilm umspült, der durch seine Verdunstung dafür sorgt, dass dem Stroma der Hornhaut über die Epithelzellen Wasser entzogen wird. Kommt es zu einer Verletzung der Oberfläche der Hornhaut und dadurch auch zu einer Beschädigung des Epithels, so können die Zellen ihrer der Kornea wasserentziehenden Funktion nicht mehr nachkommen. Es entsteht dann ein dem Ausmaß der Schädigung entsprechender Bezirk mit vermehrt Wasser enthaltener Hornhaut. Das nur aus einer Zelllage bestehende zur vorderen Augenkammer gelegene Endothel hat eine Barrierefunktion zwischen Kammerwasser auf der einen und Hornhautstroma auf der anderen Seite. Sie besitzt darüber hinaus eine Energie verbrauchende Mikropumpe (Natrium-Kalium-Pumpe), welche stetig damit beschäftigt ist, Wasser, das aus der mit Kammerwasser angefüllten vorderen Augenkammer in die Hornhaut eingedrungen ist, wieder zurück zu transportieren und so eine relative Dehydratation der Kornea aufrecht zu erhalten. Im Gegensatz zum Epithel ist die Regenerationsfähigkeit des Endothels nur sehr begrenzt, da sowohl dessen Zellteilungs- als auch Zellerneuerungsrate wesentlich geringer ist. Dieses gilt besonders für die Katze, wobei der junge Hund die höchste Regenerationsrate zeigt. Ein größerer Verlust von endothelialen Zellen kann somit zu einem erheblichen Einstrom und Verbleib von Wasser in der Hornhaut führen. Das Stroma bildet ca. 90 % der Dicke der Hornhaut und setzt sich aus parallel zueinander angeordneten Faserbündeln aus Kollagen zusammen. Zwischen diesen liegen die eigentlichen Hornhautzellen, die Keratozyten, die für die Kollagenfaserproduktion zuständig sind, in der sogenannten Grundsubstanz, die aus Glucosaminoglykanen besteht, welches auch in der Gelenkschmiere (Synovia) vorhanden ist. Kommt es zu einem vermehrten Wassereinstrom in die Kornea oder einem verringerten Wassertransport aus der Hornhaut heraus, verlieren die Kollagenfasern ihre parallele Anordnung und verlaufen vielmehr ungeordnet in der Hornhaut. Je höher der Wassergehalt der Hornhaut ist, desto mehr weichen die Kollagenbündel von ihrem geordneten Verlauf ab, was wiederum bewirkt, dass die Transparenz der Hornhaut aufgrund der zunehmenden Reflektion der einfallenden Lichtstrahlen abnimmt. Die Hornhaut erscheint dann je nach Ausprägung mehr oder weniger unregelmäßig gräulich undurchsichtig und ihre Oberfläche wirkt wellig. Der erhöhte Wassergehalt der Hornhaut wird als Korneaödem bezeichnet. Dieses Korneaödem ist bei einer Schädigung des Endothels ausgeprägter als bei einem Verlust des Epithels, bei dem es meist nur zu einer umschriebenen (fokalen) Wassereinlagerung kommt. Darüber hinaus kann das Hornhautödem aufgrund der eingeschränkten Regenerationsfähigkeit der endothelialen Zelllage auch dauerhaft und damit irreversibel sein, wobei es bei einem epithelialen Defekt meist nur vorübergehend auftritt.

Die Innervation der Hornhaut wird durch Fasern des N. ophthalmicus, einem Ast des N. trigeminus, gewährleistet. Im Epithel und vorderen Stroma sind beim Hund 12 und bei der Katze 19 sensorische Nervenendigungen ausgebildet, die Schmerz, Druck und Temperatur registrieren können. Insgesamt gesehen ist die Kornea des Hundes weniger sensibel als die anderer Tierarten, wobei die kurznasigen (brachiocephalen) Hunderassen die geringste korneale Empflindlichkeit unter den Hunderassen aufweisen.


 

Funktion der Kornea

Durch die optischen Eigenschaften der im Normalfall transparenten Hornhaut kommt es bei 70 % der ins Auge eintretenden Lichtstrahlen zu einer Brechung. Die Brechkraft der Kornea wird beeinflusst einerseits durch deren Dichte andererseits durch die Krümmung der Hornhautoberfläche. Sie beträgt bei Hund und Katze um 45 Dioptrien und ist damit größer als die Brechkraft der Linse.

Die Transparenz der Hornhaut wird durch verschiedene Faktoren gewährleistet: Das durch den praekornealen Tränenfilm feucht und glatt gehaltene Epithel ist dabei ebenso wichtig wie die regelmäßige und parallele Anordnung der Kollagenfasern, welche durch eine relative, v.a. durch die von Endothelzellen aktiv erzeugte relative Wasserarmut des Stromas aufrechterhalten wird. Ein wichtiger Aspekt für die Durchsichtigkeit der Hornhaut ist das Fehlen von Pigmenten und Gefäßen. Die Versorgung der Hornhaut mit Nährstoffen und Sauerstoff sowie der Abtransport von Stoffwechselprodukten und Abfallstoffen erfolgt hauptsächlich von der Innenseite der Hornhaut durch das Kammerwasser sowie von außen über die Tränenflüssigkeit. Daneben, jedoch von untergeordneter Bedeutung, sind für die Versorgung der Hornhaut sowohl die Kapillaren des Limbus als auch die feinen Gefäße der Ränder von Ober- und Unterlid wichtig, wobei letztere nur bei geschlossener Lidspalte zur Regulation der Stoffwechsels der Kornea beitragen.


 

Erkrankungen der Kornea

Persitierende Pupillarmembran/Membrana pupillaris persistens

Als persistierende Pupillarmembran (Abb.2) werden fadenartige Reste der embryonalen Gefäßversorgung von Regenbogenhaut (Iris) und Linse bezeichnet, die sich normalerweise zwischen der 2.-4. Lebenswoche vollständig zurückgebildet haben sollte. Sie kommt bei verschiedenen Hunderassen wie z.B. dem Chow-Chow oder Cocker Spaniel vor, wobei ihr erbliches Auftreten u.a. für den Basenji, je nach Autor dominant oder rezessiv, als gesichert angesehen wird. Die Gefäßreste können sich mit oder ohne Überquerung der Pupillaröffnung von Iris zu Iris aufspannen oder zwischen Iris und vorderer Linsenkapsel verlaufen. In letztem Fall ist häufig auch ein unter der Geburt schon vorhandener (kongenilater) grauer Star mit ausgebildet. Verbinden die Gefäßrudimente Iris und Hornhautendothel miteinander werden diese als Membrana pupillaris persistens adhaerens bezeichnet. In diesem Fall kann es zu einer grau-weißlichen Trübung oder Pigmentierung des Endothels mit einem je nach Ausdehnung der Anheftungsbezirke lokalen oder weitläufigerem (diffusen) Hornhautödem des darüber gelegenen Stromas kommen. Das Korneaödem kann sich durch Zug des Fadens infolge der Pupillarbewegungen am Endothel zusätzlich noch verstärken. Die adhäsiven Verbindungen zwischen Iris und Kornea können sich bei älteren Hunden oder Katzen auch gelöst haben, wobei dann eine Einordnung der Hornhauttrübungen hinsichtlich der auslösenden Ursachen schwierig sein kann. Wichtiges Unterscheidungskriterium zu einer differentialdiagnostisch zu bedenkenden perforierenden Verletzung der Hornhaut mit einer Verklebung von Irisgewebe mit der Hornhaut (vordere Synechie) ist einerseits ein intaktes Hornhautepithel mit fehlenden Narbenbildung in den oberen Bezirken des Hornhautstromas, die bei einer Hornhautperforation stets vorhanden ist, andererseits die nicht vorhandenen Anzeichen für eine im vorderen Augenabschnitt abgelaufene Entzündung.

Eine Therapie der persistierenden Pupillarmembran ist lediglich in den Fällen zu erwägen, in denen das Sehvermögen infolge eines zentral an der Hornhaut oder Linse bestehenden Prozesses massiv beeinträchtigt ist. Eine Entfernung der Linse oder eine Hornhauttransplantation (Keratoplastik) stehen in diesen sehr seltenen Fällen zur Disposition, wobei gerade die Hornhauttransplantation mit erheblichen Risiken verbunden ist.




Abb.2. Membrana pupillaris peristens, Katze, linkes Auge


 

Dermoid

Ein Dermoid (Abb.3-6) bezeichnet ein auf der Hornhaut und/oder Bindehaut des Augapfels gelegenes Hautstück mit Haar- und Drüsenanlagen. Es kann sowohl beim Hund als auch bei der Katze auftreten. Eine erbliche Genese wird für den Rauhaardackel und die Burmakatze vermutet. Das Dermoid des Hundes ist in der Regel im Bereich der äußeren Hornhaut lokalisiert, wobei die darin wachsenden Haare meist zum Hornhautzentrum gerichtet sind.




Abb.3. Dermoid der Binde- und Hornhaut eines Hundes, rechtes Auge




Abb.4. Dermoid der Hornhaut eines Hundes, rechtes Auge




Abb.5. Abpräpariertes Dermoid aus Abb.3




Abb.6. Dermoid der Hornhaut eines Meerschweinchens, rechtes Auge

Die Reizung der Hornhaut durch dieses ektopische Hautareal mit den zusätzlich zu Irritationen sorgenden Haaren führt zunächst zu einem vermehrten Tränenfluß (Hyperlacrimation) und Zusammenkneifen der Augenlider (Blepahrospasmus). Darüber hinaus können die reizenden Haare mehr oder weniger tiefe Hornhautläsionen (Ulcera) hervorrufen, die im akuten Stadium mit Wassereinlagerung in die Hornhaut (Korneaödem) oder im chronischen Fall mit Gefäßeinsprossung und Entwicklung von bindegewebigen Auflagerungen (Pannus, Abb.7 und 8) einhergehen. Therapeutisch ist das Dermoid von der Hornhaut durch eine Abtragung inklusive der oberflächlichen Hornhautschichten (oberflächliche Keratektomie) zu entfernen. Prophylaktisch sollten sowohl die Tiere, die ein Dermoid ausgebildet haben als auch deren direkte Verwandte von der Zucht ausgeschlossen werden.




Abb.7. Pannusgewebe, Französiche Bulldogge, linkes Auge




Abb.8. Ulcus mit Pannusgewebe, Französische Bulldogge, rechtes Auge


 

Keratitis superficialis chronica/Überreiterkeratitis/Schäferhundkeratitis

Bei der Keratitis superficialis chronica (Abb.9) handelt es sich um eine hereditäre, immunvermittelte Entzündung der Hornhaut, die durch UV-Strahlung (Sonnenlicht) ausgelöst, unterstützt und aufrechterhalten wird. Somit kann diese Erkrankung der Hornhaut v.a. im Frühjahr und Herbst aufgrund des niedrigen Sonnenstandes sowie in sonnenreichen Sommern oder bei Aufenthalt im Schnee, am Wasser oder im Gebirge beobachtet werden. Sie tritt überwiegend beim Deutschen Schäferhund und Schäferhundmischlingen meist im Alter von 4-5 Jahren sowie in abgeschwächter Form auch bei Langhaardackeln auf. Darüber hinaus ist die Überreiterkeratitis selten auch beim Greyhound, Sheltie, Collie, Husky, Border Collie und Cairn-Terrier beschrieben. Es kommt hierbei zu einer oberflächlichen Hornhautentzündung mit leichter gräulicher Hornhauttrübung infolge Ödembildung, Gefäßeinsprossung (Vaskularisierung), Einwanderung von Pigmentzellen sowie einer Überlagerung der Hornhaut mit Granulationsgwebe. Es entsteht ein Pannusgewebe (gefäßhaltiges Bindegewebe über unverändertem Hornhautgewebe). Das Hornhautepithel ist dabei intakt und lediglich verdickt. Die oben beschriebenen Veränderungen beginnen immer am unteren äußeren (ventrolateralen) Augenwinkel und können sich dann von hier aus ohne eingeleitete Therapie innerhalb von Wochen oder Monaten über die gesamte Hornhaut ausdehnen. Es sind überwiegend beide Augen gleichzeitig und meist in ähnlicher Ausprägung von den Veränderungen der Keratitis superficialis chronica betroffen. Die erkrankten Hunde zeigen keinen vermehrten Tränenfluß oder Zusammenkneifen (Blepharospasmus) der Augen, was auf eine Schmerzhaftigkeit hindeuten würde. Vergesellschaftet kann die Keratitis mit einer Infiltration der Nickhaut mit Plasmazellen sein, so dass sich eine evtl. eitrige plasmazelluläre Konjunktivitis begleitend zeigt. Ohne erfolgreiche Therapie führt die Keratitis nach Überreiter zu einer völligen Erblindung des Auges, da im Finalstadium die gesamte Hornhaut von einem dicken grau-roten Pannusgewebe mit Pigmentierung überzogen ist. Eine Therapie der Keratitis superficialis chronica zielt darauf ab, die entzündlichen Vorgänge in der Hornhaut zu unterbinden. Hierzu eignen sich besonders kortisonhaltige Augentropfen oder -salben. Sowohl die Wahl des Kortisons als auch die Behandlungsfrequenz ist von der Lage des Einzelfalles abhängig. Allgemein gilt jedoch, dass zu Beginn eine intensivere Therapie notwenig ist, die nach erfolgreicher Initialbehandlung individuell angepasst werden muss. In jedem Falle ist jedoch eine lebenslange Therapie erforderlich. Je nach Ausprägung der Hornhautveränderungen kann auch eine Unterspritzung der Bindehaut des Auges (subkonjunktivale Injektion) mit Kortison oder eine chirurgische Entfernung der veränderten Hornhautareale (lammelläre Keratektomie) notwendig sein. Auch ist als alleinige Therapie oder in Kombination mit Kortikosteroiden eine lokale Applikation von Ciclosporin-haltigen Augenpräparaten möglich, welches als Immunsuppressivum die immunologisch bedingten entzündlichen Vorgänge der Hornhaut ebenfalls unterbinden kann.




Abb.9. Fortgeschrittene Keratitis superficialis chronica, Deutscher Schäferhund, rechtes Auge


 

Ulcus rodens/Boxerulkus

Als Boxerulkus wird ein oberflächliches Geschwür der Hornhaut bezeichnet, das lediglich das Epithel betrifft. Infolge degenerativer Prozesse kommt es zu einer verschlechterten Verbindung zwischen den unteren Zellschichten des Epithels (Basalzellen) der Hornhaut und der darunter gelegenen Basalmembran. Die zum Schließen des Defektes neu gebildeten epithelialen Zellverbände werden durch den normalen Lidschlag wieder weggetragen und können somit nicht zur Abheilung des oberflächlichen Geschwürs beitragen. Diese Art des Ulcus ist nicht nur beim Boxer, sondern auch bei anderen Hunderassen zu beobachten und kann auch beim älteren Hund auftreten, wobei es dann als Ulcus indolens (nicht schmerzhaftes Hornhautgeschwür) bezeichnet wird. Es erkranken durchschnittlich sechs Jahre alte Boxer, wobei häufig das rechte Auge betroffen ist. Meist zeigt nur ein Auge den epithelialen Hornhautdefekt, gelegentlich können aber auch beide Augen gleichzeitig von einem Ulcus rodens betroffen sein. Die Rezidivrate am gleichen oder dem gegenüberliegenden Auge liegt bei 50 %. 

Das Boxerulkus ist durch ein lediglich oberflächliches Hornhautgeschwür, welches als Erosion (Erosio corneae) bezeichnet wird, charakterisiert, welches einen unregelmäßigen, inaktiven und überstehend losen Rand aufweist. Schmerzsymptome wie z.B. das Zusammenkneifen des Auges (Blepharospasmus) oder ein vermehrtes Tränen des Auges (Hyperlacrimation) fehlen meist ebenso wie ein um den Defekt lokalisiertes Hornhautödem. Eine Abheilung der Hornhauterosion kann über eine Gefäßeinsprossung (Vaskularisation) und die gefäßhaltige Bindegewebebildung (Pannusgewebe) erfolgen, die aber mehrere Monate in Anspruch nehmen kann.

Das Ziel einer einzuleitenden Therapie besteht darin, das Honhautwundbett zur Aufnahme der neu gebildeten Epithelzellen vorzubereiten und die Hornhautregeneration zu stimulieren. Dies kann grundsätzlich mit Hilfe von zwei unterschiedlichen Methoden erfolgen. Bei der ersten, weniger invasiven Therapieform wird das inaktive, lockere Epithel von peripher nach zentral abgetragen und so die Ränder des Defektes aufgefrischt. Anschließend werden das Ulkus und dessen Randbereich mittels Phenollösung oder Jodtinktur touchiert, wodurch die Basalmembran aufgrund der chemisch reizenden Wirkung auf die Aufnahme der Epithelzellen vorbereitet wird. Sowohl die Entfernung des abgelösten Epithels als auch die Vorbereitung des Wundbetts kann bei umgänglichen Hunden in Lokalanästhesie erfolgen. Bei der zweiten, aufwendigeren Behandlungsmöglichkeit, welche als Methode der Wahl beim Boxerulkus anzusehen ist, erfolgt die Aktivierung der Hornhaut entweder mittels einer Strichkeratektomie oder über kleine Stichinzisionen. Bei der Strichkeratektomie (Ab.10) wird mit Hilfe eines Skalpells oder einer Injektionskanüle ein Gitterraster auf der Hornhaut angelegt, das einem Schachbrettmuster ähnelt. Beide Varianten bereiten die Basalmembran auf die Aufnahme der vom Rand in den Defekt einwachsenden Epithelzellen vor. Abgeschlossen werden kann die Operation mit dem Anlegen einer Nickhaut- oder Bindehaut-Nickhautschürze, die dem weiteren Schutz der Hornhaut dient.

Die Prognose des Boxerulkus ist gut, Rezidive sind jedoch bei einseitigem Auftreten auch auf der bisher nicht betroffenen Seite möglich.

Prophylaktisch kann ein Schutz der Hornhaut nach abgeschlossener Therapie mit einer Vitamin-A-haltigen Augensalbe versucht werden.




Abb.10. Strichkeratotomie beim Boxerulkus, Boxer, rechtes Auge


 

Hornhautnekrose/Hornhautsequester/Cornea nigra

Bei der Hornhautnekrose (Abb.11) kommt es zu einem Untergang (Nekrose) des oberflächlichem Hornhautstromas und des darüber gelegenen Hornhautepithels überwiegend im Zentrum der Kornea. Die untergegangenen Kollagenfasern und Epithelzellen nehmen durch die Einlagerung von Porphyrinen und Melanin ein typisch bräunliches bis bräunlich-schwärzliches Aussehen an. Eine Rasseprädisposition für diese Hornhauterkrankung besteht für kurznasige Rassekatzen mit hervorstehenden Augen wie z.B. dem Perser, kann aber auch bei Siamkatzen und seltener bei Europäisch Kurzhaarkatzen beobachtet werden. Bei anderen Tierarten sind nur vereinzelte Fälle einer Cornea nigra beschrieben. Als auslösende Ursachen werden einerseits ein hohes Maß an Korneaexposition mit dadurch bedingtem unvollständigem Lidschluß (Lagophthalmus) und eine Reduktion der Sensibilität der zentralen Hornhaut v.a. bei kurznasigen Katzenrassen zusammen mit einer herabgesetzten Häufigkeit des Lidschlages diskutiert. Andererseits begünstigen eine Veränderung der Meibomschen Drüsen und eine dadurch bedingte abnorme Zusammensetzung des fettigen Anteils des Tränenfilms eine gesteigerte Verdunstung der Tränenflüssigkeit, wodurch gerade die zentralen Anteile der Hornhaut besonders stark betroffen sind. Darüber hinaus wirken sich auch eine verminderte Tränenproduktion sowie Mikrotraumen durch Haare (Entropium, Distichiasis, Trichiasis und Lidrandanomalien wie die Aplasia palpebrae) begünstigend auf die Entstehung einer Hornhautnekrose aus. Bei Katzen nicht-kurznasiger Rassen muss ferner auch eine Infektion mit dem felinen Herpesvirus 1 (FHV-1) als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden.

Aufgrund eines im Anfangsstadium oftmals nicht schmerzhaften Korneasequesters, ist zu diesem Zeitpunkt lediglich das bräunlich verfärbte Korneastroma sowie ein bräunlicher Tränenfluß, der an den Lidrändern und dem inneren Augenwinkel Krusten bilden kann, zu erkennen. Innerhalb weniger Wochen grenzt sich die Nekrose vom umliegenden gesunden Hornhautgewebe ab (Demarkation) und breitet sich sowohl in die Tiefe als auch in das über der Nekrose gelegene Hornhautepithel aus. Die Unterbrechung der Homogenität des Epithels führt zu einer Schmerzhaftigkeit, die sich in vermehrtem Tränenfluß (Hyperlacrimation), Zusammenkniefen von Ober- und Unterlid (Blepharospasmus) und Nickhautvorfall äußern kann. In unterschiedlicher Ausprägung kommt es zu einem Einwandern von Blutgefäßen vom Limbus her in den geschädigten Hornhautbereich und zur Bildung von gefäßhaltigem Bindegewebe (Pannus) sowie zur Wassereinlagerung (Korneaödem) um den Hornhautsequester. Im weiteren Verlauf gibt es zwei Entwicklungsmöglichkeiten. So kann sich einerseits die Hornhautnekrose in den folgenden Monaten soweit vom umliegenden gesunden Hornhautgewebe abgrenzen, dass das unter ihr neu gebildete Ersatzgewebe zu einer Lockerung und schließlich Abstoßung des Sequesters führt. Je nach Tiefe des Defektes im Hornhautstroma bleibt eine Korneanarbe sichtbar. Andererseits kann sich die Hornhautnekrose auch progressiv weiter einmal in die tieferen Schichten bis hin zur Perforation der Kornea ausbreiten sowie seitlich in der Hornhaut fortschreiten bis nahezu die gesamte Kornea beeinträchtigt ist.

Therapeutisch kann bei frühen und oberflächlich im Stroma gelegenen nicht schmerzhaften Defekten, die noch nicht durch das Epithel gebrochen sind eine konservative Therapie mit antibiotischer und Vitamin-A-haltiger Augensalbe versucht werden. In der Regel sollte jedoch v.a. bei schmerzhaften Zuständen sowie bei tief ins Stroma reichenden Nekrosen einer chirurgischen Therapie mit einer Entfernung des Sequesters bis in das umliegende gesunde Hornhautgewebe hinein der Vorzug gegeben werden (Abb.12 und 13). Ist der dabei entstandene Defekt sehr tief oder nimmt er weite Teile der Hornhaut ein, so sind weitere Maßnahmen wie das Aufnähen eines Bindehautlappens auf die Hornhaut (Konjunktivalflap), Anlegen einer Hornhaut-Bindehaut-Verschiebeplastik (lamelläre keratokonjunktivale Transposition) oder das Aufnähen von Hornhauttransplantaten (lamelläres korneales Transplantat) oder von anderen verwendbaren Geweben (lamelläre heterologe Transplantate) zusammen mit einer Nickhautschürze oder einem vorübergehenden Lidverschluß notwendig. Prophylaktisch kann zur Verhinderung eines Rezidivs eine Vitamin-A-haltige Augensalbe versucht werden. 




Abb.11. Hornhautnekrose, Perser, rechtes Auge




Abb.12 . Zustand nach Abtragung der Hornhautnekrose von Abb. 11




Abb.13. Abgelöste Hornhautnekrose aus Abb. 11 


 

Dackelkeratitis/Keratitis punctata

Bei der Keratitis punctata handelt es sich um eine meist bilaterale Erkrankung der Hornhaut, die mit einer Rasseprädisposition beim roten Langhaardackel vorkommt, jedoch auch bei anderen kleineren bis mittelgroßen Rassen beobachtet werden kann. Ein erstmaliges Auftreten der Dackelkeratitis kann häufig schon mit sechs Monaten beobachtet werden. Es kommt hierbei zur Ausbildung kleiner, punktförmiger, zunächst oberflächlicher, später tieferer Hornhautdefekte, die verstreut (multifokal) über die Hornhaut verteilt sein können. Im weiteren Verlauf wandern zur Versorgung der Geschwüre Gefäße in die Hornhaut ein. Darüber hinaus kommt es zur Ausbildung von gefäßhaltigem Bindegewebe (Pannusgewebe) auf der Hornhaut im Bereich der Defekte sowie zu einer Pigmentierung, was zu einem zunehmenden Transparenzverlust der Kornea führt. In diesem Stadium nimmt die Defekttiefe langsam ab, wobei jedoch einige Monate nach der Abheilung erneut Rezidive auftreten können.

Die ersten Tage der Erkrankung sind durch eine Schmerzhaftigkeit der Prozesse kennzeichnet, die sich in Apathie, Zusammenkneifen des Auges (Blepharospasmus) und eitrigem Augenausfluß äußern.

Ähnlich dem Erscheinungsbild bei anderen Tierarten wurde auch beim Hund als Ursache zunächst eine Infektion der Hornhaut mit Herpesviren angenommen. Seit einigen Jahren ist jedoch bekannt, dass es sich bei der Dackelkeratitis um eine autoimmunbedingte Korneaerkrankung handelt. Daher ist die Keratitis punctata die einzige ulzerative Hornhautveränderung, bei der kortisonhaltige Augenpräparate eingesetzt werden dürfen! Eine sichere Diagnose der Erkrankung ist für einen solchen therapeutischen Einsatz jedoch Gundvoraussetzung. Auch die Applikation von Ciclosporin-haltigen Augenpräparaten ist, eventuell zusätzlich zu kortisonhaltigen Formulierungen, möglich.

Die Prognose ist trotz häufiger Rezidive als günstig anzusehen und eine Heilung tritt meist kurze Zeit nach Therapieeinleitung auf. Je nach tiefe der Defekte kann eine Bindehaut-Nickhautschürze unterstützend hilfreich sein. Prophylaktisch sollte eine Dauertherapie mit kortison - oder Ciclosporin-haltiger Augensalbe oder -tropfen auf einer niedrigen Erhaltungsdosis vorgenommen werden.


 

Traumata

Durch spitze Gegenstände z.B. Dornen, Katzenkrallen oder Glasscherben kann die Hornhaut ganz oder teilweise perforierend verletzt werden (Abb.14 und 15). Wird die Kornea dabei durchdrungen und die vordere Augenkammer eröffnet, fällt meist Irisgewebe in die Perforationsstelle vor (Irisprolaps, Abb.16), wodurch es meist zu einer massiven Reaktion in der vorderen Augenkammer mit Entzündung der Iris und des Ziliarkörpers (Iridocyclitis), Fibrinausschwitzungen (Abb.17) und Einblutungen (Hyphaema) kommt.




Abb.14. pflanzlicher Fremdkörper auf der Hornhaut eines Hundes, rechtes Auge 




Abb.15. Entfernter Fremdkörper aus Abb. 14 




Abb.16. Irisprolaps, Hund, linkes Auge




Abb.17. perforierende Hornhautverletzung mit Fibrinbildung, Katze, linkes Auge 

Darüber hinaus legen sich zumeist kleine pflanzliche Fremdkörper auf die Hornhaut und saugen sich hier durch die Kapillarkräfte so fest, dass sie alleine durch den Lidschlag nicht mehr beseitigt werden können (Abb.18). Je nach Verweildauer dieser Fremdkörper auf der Hornhaut entsteht ein nur oberflächliches bis hin zu einem tiefen, einschmelzenden lytischen Ulcus, dass sich bis zur Descemetschen Membran (Descemetocele, Abb.19) vorarbeitet.




Abb.18. pflanzlicher Fremdkörper auf der Hornhaut eines Hundes, rechtes Auge




Abb.19. Descemetocele bei einer Englischen Bulldogge, rechtes Auge

Je nach auslösender Ursache muss die auslösende Noxe zunächst beseitigt werden. Ist die Verletzung nur oberflächlich reicht entweder die mehrmals tägliche Applikation einer antibiotischen Augensalbe aus, um den Defekt zur Abheilung zu bringen. In schwerwiegenderen Fällen ist das Anlegen einer Nichkautschürze oder einer kombinierten Bindehaut-Nickhautschürze das Mittel der Wahl. Bei Perforationen der Hornhaut muss diese mit entsprechend feinem Nahtmaterial wieder verschlossen werden (Abb.20). Eine Entfernung der Fäden ist nach Abheilung der Kornea nach ca. 14 Tagen notwendig. Entsteht ein tiefer und breitflächiger Defekt, so ist dieser entweder mit Ersatzgewebe (z.B. Biosist) oder einer gestielten Bindehautplastik (Bindehautflap) abzudecken, welche ebenfalls mit feinem Nahtmaterial auf der Hornhaut fixiert wird (Abb. 21). Letztere wird nach ca. 8 Wochen (Abb.22) durch Unterbrechung seiner Verbindung zur restlichen bulbären Konjunktiva wieder entfernt.




Abb.20. Hornhautnaht nach perforierender Hornhautverletzung, Dackel, linkes Auge 




Abb.21. Konjunktivalflap, Katze, linkes Auge




Abb.22: Konjunktivalflap aus Abb.21 nach 8 Wochen rechtes Auge

Lexikon der Fachbegriffe

Blepharospasmus

Zusammenkneifen der Augenlider

Descemetsche Membran

Basalmembran zwischen Stroma und Endothel

Descemetocele

Tiefes, bis zur Descemetschen Membran reichendes Hornhautgeschwür

Endothel

Innere Zellschicht der Hornhaut

Epithel

Äußere Zellschichten der Hornhaut

Erosio corneae

Oberflächlicher Hornhautdefekt

Fokal

Örtlich begrenzt

Hyperlacrimation

Vermehrter Tränenfluß

Iris

Regenbogenhaut

Keratektomie

Abtragung von Hornhautschichten

Keratoplastik

Hornhauttransplantation

Kornea

Hornhaut

Korneaödem

Vermehrte Wassereinlagerung in die Hornhaut

Lagophthalmus

Unvollständiger Lidschluß

Limbus corneae

Übergangszone zwischen Kornea und Sklera

Pannus

Gefäßhaltiges Bindegewebe auf der Hornhaut

Sklera

Weiße Augenhaut

Stroma

Hauptbestandteil der Hornhaut bestehend aus Kollagenbündeln

Ulcus corneae

Hornhautgeschwür

Vaskularisierung

Gefäßeinsprossung

Vordere Synechie

Verkleben von Irisgewebe mit der Hornhaut


 

© 12/2010 

Dr. med. vet. Karl-Josef Saers: Fachtierarzt für Kleintiere, Fachtierarzt für Chirurgie, Zusatzbezeichnung Augenheilkunde; Dr. med. vet. Markus Bausch: Fachtierarzt für Kleintiere, Fachtierarzt für Chirurgie, Zusatzbezeichnung Augenheilkunde; Dr. med. vet. Susanne Saers: Zusatzbezeichnung Augenheilkunde

Tierärztliche Klinik für Kleintiere am Kaiserberg
Wintgensstraße 81-83, 47058 Duisburg
www.tierklinik-kaiserberg.de
 

Fotos 

Dr. med. vet. Markus Bausch

   

Literatur 

Literatur beim Verfasser